EU-Einigung zu Produkten aus Zwangsarbeit
Am 5. März 2024 haben sich der Rat der EU und das Europäische Parlament auf einen Entwurf zu einer EU-Verordnung geeinigt. Das neue EU-Gesetz sieht vor, dass Einfuhr, Ausfuhr oder Inverkehrbringen von Produkten aus Zwangsarbeit verboten werden. Am 13. März 2024 haben nun auch die Botschafter aller EU-Länder dem Entwurf zugestimmt. Mehr zum Zeitrahmen und den Inhalten.
Alle EU-Mitgliedstaaten haben bereits das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit (Nr. 29) und Kinderarbeit (Nr. 182) ratifiziert. Mit der aktuellen Verordnung der EU über ein „Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt“ wird dies im europäischen Kontext umgesetzt.
Risikobasierte Untersuchungen
Die gute Nachricht für Unternehmen: Artikel 1 schreibt fest, dass die Verordnung keine zusätzlichen zu den bereits im EU-Recht verankernden Sorgfaltspflichten für Wirtschaftsakteure mit sich bringen soll. Damit fügt sich die Verordnung zu Produkten aus Zwangsarbeit flankierend zu anderen Sogfaltpflichten ein. Dazu gehört zum Beispiel auch die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die als europäisches Lieferkettengesetz bezeichnet wird. Diese Richtlinie wurde nach einer Überarbeitung am 15. März 2024 im Rat der EU angenommen und muss noch durch das EU-Parlament bestätigt werden.
Die Verordnung gegen Zwangsarbeit ist in erster Linie adressiert an die Behörden der EU und der einzelnen Mitgliedstaaten. Sie führen den Nachweis, dass Produkte durch Zwangsarbeit hergestellt oder in Verkehr gebracht wurden. Dazu wägen sie vor Einleitung einer Untersuchung die Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen das Verbot von Zwangsarbeit ab. Zu den risikobasierten Ansätzen gehören z. B. die Komplexität der Lieferkette, die Größe des Wirtschaftsbeteiligten, produktspezifische oder Länder-Risiken. Unternehmen werden über Untersuchungen in Kenntnis gesetzt und haben dann mindestens 30 Tage lang Zeit, mit eigenen Informationen zum Ergebnis beizutragen.
Die EU stellt eine Datenbank zur Verfügung, die unabhängige Informationsquellen enthält, zum Beispiel mit Inhalten von den Vereinten Nationen, Universitäten oder der Internationalen Arbeitsorganisation. Dort werden Informationen zu Produktrisiken, Lieferanten oder Herkunftsgebieten gebündelt. Zugänglich gemacht werden soll diese Datenbank über ein EU Single Window zu Zwangsarbeit, das allen damit Beteiligten als Hilfestellung dienen soll.
Kontrolle durch den Zoll
Die zuständige nationale Behörde teilt der Zollverwaltung zeitnah Produktverbote auf Grundlage der Verordnung gegen Zwangsarbeit mit sowie spätere Aufhebungen oder Änderungen. Bei den risikobasierten Kontrollen bei Ein- und Ausfuhren von Produkten übernehmen die Zollbehörden auch die Prüfung gegen diese Verbote und tauschen sich ggf. mit anderen EU-Zollverwaltungen dazu aus.
Fast facts
- Wer ist betroffen? Grundsätzlich alle, die betroffene Produkte Inverkehrbringen, zur Verfügung stellen oder exportieren. Das können Hersteller, Importeure, Lieferanten, Händler aber auch Exporteure sein.
- Welche Produkte sind erfasst? Grundsätzlich jedes Produkt mit Geldwert, das Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein kann, einschließlich von Be- oder Verarbeitungen in der Lieferkette.
- Was ist untersagt? In Zwangsarbeit bzw. Kinderarbeit hergestellte Produkte auf dem Unionsmarkt in Verkehr zu bringen, bereitzustellen oder aus der EU auszuführen.
Folgen einer Verbotsentscheidung
Kommen die zuständigen nationalen oder die EU-Behörden nach der Untersuchung zu dem Schluss, dass Produkte aus Zwangsarbeit stammen, fasst die der Rat der EU in einer Pressemitteilung zusammen:
Die endgültige Entscheidung (d. h. ob ein in Zwangsarbeit hergestelltes Produkt verboten, vom Markt genommen oder aus dem Verkehr gezogen wird) trifft die Behörde, die die Untersuchung geleitet hat. Nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gilt die Entscheidung dann auch in allen anderen Mitgliedstaaten.
Maßnahmen können sein, dass die Produkte recycelt oder unbrauchbar gemacht werden müssen. Sollten verderbliche Erzeugnisse betroffen sein, können diese auch für wohltätige oder gemeinnützige Zwecke gespendet werden.
Bei entsprechendem Nachweis ist es möglich, dass nur dasjenige Teil eines Produkts ausgetauscht werden muss, das in Zwangsarbeit hergestellt wurde. Drohen Lieferrisiken bei kritischen Produkten, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, kann die zuständige Behörde – statt vorzuschreiben, dass sie aus dem Verkehr gezogen werden – den Wirtschaftsakteur anweisen, das Produkt zurückzuhalten, bis er nachweisen kann, dass es im Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten und Lieferketten keine Zwangsarbeit mehr gibt.
Zum Zeitrahmen
18 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung stellt zunächst die EU-Kommission Guidelines mit Best-Practices und Durchführungsverordnungen bereit, die Umsetzungen für Wirtschaftsakteure, Zollbehörden und nationale zuständige Behörden definieren. Diese sollen weitere EU-Verordnungen berücksichtigen, wie z. B. das EU-Lieferkettengesetz.
Voraussichtlich wird die förmliche Verabschiedung der Rechtsvorschrift erst nach den Europawahlen Anfang Juni 2024 stattfinden können. Nach einer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU werden die Regelungen, die Unternehmen betreffen, erst nach drei Jahren anwendbar. Somit müssen Unternehmen voraussichtlich ab 2027 mit einer Umsetzung rechnen.
-
Am 24. April 2024 hat das Parlament der EU der Verordnung zugestimmt. Laut Pressemitteilung
Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem EU-Binnenmarkt muss jetzt der Rat der Europäischen Union zustimmen, bevor die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann. EU-Länder müssen anschließend innerhalb von drei Jahren mit der Anwendung der Verordnung beginnen.0
Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.
Kommentare
1 Kommentar