Die Schiffsklauseln der Incoterms - gut für jeden? Mit Checkliste
Der Schiffsverkehr läuft meist reibungslos, doch manchmal steht er in den Schlagzeilen: Eine eingestürzte Brücke in den USA, Angriffe im roten Meer, Piraterie oder das havarierte Containerschiff Evergreen im Suezkanal – immer wieder zeigt sich, wie angreifbar die „blaue Lieferkette“ ist. Wie sich Unternehmen mit den richtigen Incoterms absichern, erfahren Sie hier. Mit Fallbeispiel zum Miträtseln und Seminar-Tipp.
„Blaue“ Klauseln – die vier Incoterms für die Schifffahrt?
Sie handeln mit Eisenerz oder Futtergetreide im Schiffsbauch, Kies oder ähnlichen Schüttgütern? Dann sind folgende Klauseln die richtigen für Sie:
- FAS: Free alongside Ship
- FOB: Free on Board
- CFR: Cost and Freight
- CIF: Cost, Insurance and Freight
Neben diesen vier Schiffsklauseln können auch für Schüttgut zwei multimodale Klauseln verwendet werden: DAP und DPU. Unternehmen entscheiden sich für diese Klauseln, wenn Ankunftsklauseln gewünscht werden. Die meisten mit Schüttgut handelnden Unternehmen verzichten jedoch darauf.
Multimodale Klauseln – die richtigen für Stückgut und Containerversand auch im Seeverkehr!
Die vier sogenannten „blauen“ Klauseln haben also die Eigenschaft, dass sie für den Transport von Massengut (bulk-goods) ausgelegt sind. Sie sind ausschließlich für Lieferungen auf oder neben Schiffen definiert und für alle anderen Verkehrswege völlig unbrauchbar.
Für Stückgut, also vor allem Maschinen, verpackte oder palettierte Ware sowie Containertransporte sind diese Klauseln nur sehr eingeschränkt nutzbar. In diesen Fällen ist es daher angebracht, an Stelle der blauen Klauseln lieber eine der folgenden multimodalen Klauseln zu verwenden:
- FCA: Free Carrier
- CPT: Carriage paid to
- CIP: Carriage and Insurance Paid to
- DAP: Deliverd At Place
- DPU: Deliverd at Place Unloaded
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Für den Umgang mit den Incoterms sollten folgende Punkte bedacht werden:
Auch wenn die Incoterms nicht alle Praxisprobleme lösen können, so werden sie doch in unzähligen Ländern und Rechtssystemen angewendet und sind ohne praxistaugliche Alternative.
Sie sind bei der Anwendung von Incoterms bereits praxiserprobt? Dann raten Sie gerne mit und verraten Ihre Lösung in den Kommentaren.
Praxisfall: Änderung des Incoterms durch den Frachtführer
Ein Produktionsunternehmen für Maschinenbauteile hatte mit einem Kunden aus den USA vereinbart, Waren im Wert für 20.000 Dollar zu liefern. Der Verkäufer sollte die Waren am Frankfurter Flughafen anliefern und noch für die Luftfrachtsicherheit sorgen. >> Vereinbart wurde FCA, Frankfurt Flughafen, ICC 2020.
Der Frachtführer änderte nun eigenmächtig das Incoterm im AWB auf FOB, Frankfurt.
Die Sachbearbeitung der Lieferantin nahm die Änderung hin und änderte alle Papiere dahingehend. Zurecht?
Die Lösung erhalten Sie in der nächsten Woche direkt im Kommentar.
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Also ich würde vermuten das ein einmal mit fixem Incoterm geschlossener Vertrag nicht eigenmächtig von einem Dienstleister geändert werden kann, schon gar nicht in eine für dieses Transportmedium ungültige Klausel da FOB für den Lufttransport nicht vorgesehen ist.
D.h. es bleibt bei FCA Frankfurt. Wobei rein faktisch der einzige Unterschied in der Festlegung des Gefahrenübergang bei vollständiger Verladung der Ware liegt , der bei FCA nicht ausdrücklich erwähnt wird.
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Hallo Herr Seemann, liebe Community,
Sie haben zurecht festgestellt, dass ein Vertrag durch einen Dritten nicht einfach geändert werden kann. Und so scheint der Praxisfall auf den ersten Blick mit Seefracht nichts zu tun zu haben. Aber es treffen mehrere erhebliche Probleme aufeinander:
Zuerst: FOB ist eine Seefrachtklausel und deshalb hier einfach nicht brauchbar.
Und nach dem alten biblischen Grundsatz, “Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben”, sollte ein Vertrag ohne Not nicht mehr geändert werden (und schon gar nicht einseitig oder durch Dritte). Und es besteht hier keine Notwendigkeit.
Ein Dritter, der Spediteur greift hier scheinbar tief in die rechtliche Struktur des Kaufvertrages ein. Dabei hat dieser nur den Frachtvertrag mit dem Verkäufer zum Versendeterminal falsch geschrieben. Dieser Vertrag hat aber mit dem Kaufvertrag rechtlich erst einmal nichts zu tun. Er beschreibt hier nur Rechte und Pflichten des Frachtführers. Dieser ging davon aus, dass bei einer Anlieferung mit FCA am Versendeflughafen Frankfurt alle Pflichten erledigt sind. Das stimmt auch. Allerdings können selbstverständlich zusätzliche Leistungen einzeln hinzugebucht werden. Dies sollte hier auch so gehandhabt werden.Der Sachbearbeiter im Unternehmen hat dann aber einen kapitalen Fehler gemacht. Während der Verkäufer FCA vereinbart hatte, hat nun die Sachbearbeitung alle Dokumente fehlerhaft ausgestellt, statt den Spediteur zur Neuausstellung seines AWB zu veranlassen.
Viele Grüße
Clemens Rude
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