EU muss Mehrwertsteuerbetrug bei Importen eindämmen
Der Europäische Rechnungshof hat in einem aktuellen Bericht die Missbrauchsrisiken bei Zollanmeldungen aufgedeckt. Im Fokus: Die Abwicklung von Kleinsendungen mittels IOSS und Importe mit steuerfreier Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat.
Schätzungsweise 89 Milliarden Euro sind nach Berechnungen den Steuerbehörden im Jahr 2022 entgangen. Ein Viertel davon verursacht nach Angaben der Kommission allein der Mehrwertsteuerbetrug im Intra-EU-Handel zwischen Unternehmen. Zwei Arten von Importanmeldungen hat der Europäische Rechnungshof in seinem Bericht herausgegriffen und anhand von Stichproben in den Ländern Belgien, Frankreich, Irland, Italien und Slowenien analysiert:
- Importanmeldungen, die mit Verfahren 42 angemeldet werden. Dabei werden die Zollabgaben an der Grenze erhoben, während die Mehrwertsteuer erst beim Empfänger der Ware in einem anderen Mitgliedstaat erhoben wird.
- Importe von Kleinsendungen für Privatpersonen, die über den Import One Stop Shop (IOSS) abgewickelt werden. Die Verkäufer der Waren registrieren sich in ihrem jeweiligen Mitgliedsaat und erhalten dort eine IOSS-Mehrwertsteuer-ID. Anschließend reichen sie einmal monatlich gesammelt eine Mehrwertsteuer-Erklärung ein und entrichten dadurch zentral die in den Ländern der Privatpersonen anfallende Mehrwertsteuer. Die Privatpersonen entrichten die Mehrwertsteuer schon beim Kauf der Ware.
Die beiden Verfahren beschleunigen die Import-Abwicklung, da die Mehrwertsteuererhebung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Im Bericht werden beide Verfahren – anders als im zollrechtlichen Kontext – als „vereinfachte Zollverfahren bei der Einfuhr“ bezeichnet.
Die häufigsten Betrugsmaschen
Hauptsächliche Betrugsfälle beim Verfahren 42 sind, dass die Waren weder durch den Importeur noch durch den Empfänger versteuert werden.
Bei der Abwicklung über den Import One Stop Shop wurde häufig die IOSS-ID von rechtmäßig registrierten Händlern missbräuchlich eingesetzt. In anderen Fällen wurden die Sendungen gesplittet, bzw. der Wert zu gering angesetzt, um sie als Kleinsendung über das IOSS-Verfahren anzumelden. Dadurch gelangten die Sendungen unrechtmäßig zollfrei in die EU.
Durch die Analyse des Rechnungshofs wurden Schwachstellen deutlich. In den EU-Mitgliedstaaten gibt es beispielsweise kein einheitliches Sanktionssystem, keine wirksamen Kontrollen, keine einheitlichen Vorschriften zur Hinterlegung von Sicherheiten und zur Benennung von Steuervertretern. Die Behörden der Mitgliedstaaten benötigen außerdem unterschiedlich lange, um nach festgestelltem Betrug Mehrwertsteuer-IDs für ungültig zu erklären.
Ein Negativ-Beispiel stammt von deutschen Behörden aus den Jahren 2023 und 2024. Diese benötigten elf Monate für eine solche Ungültigkeitserklärung. Dadurch belief sich der Schaden durch entgangene Steuereinnahmen allein für diesen Fall auf circa 1,2 Millionen Euro.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Der Europäische Rechnungshof spricht in seinem Bericht konkrete Empfehlungen aus, um die Mitgliedstaaten bei der Verhinderung von Steuerbetrug zu unterstützen. Unter anderem:
- Die EU-Kommission sollte einen einheitlichen Rechtsrahmen erlassen, damit Betrüger nicht die uneinheitliche Umsetzung von Vorschriften ausnutzen können. Dazu gehören beispielsweise die zeitnahe Ungültigerklärung von Mehrwertsteuer-IDs oder ein Abgleich von Mehrwertsteuer-ID und EORI-Nummer.
- Überprüfung des Rechtsrahmens, der das Verfahren 42 ermöglicht. Angeregt wird beispielsweise die Einführung eines einheitlichen Kontrollrahmens für alle Mitgliedstaaten
- Gegebenenfalls systematische Prüfung der Beförderungspapiere bei Einfuhren im Verfahren 42
- Für Importe von Kleinsendungen wurden Änderungen durch die EU-Zollreform und weitere Maßnahmen im Rahmen von ViDA (VAT in the Digital Age) bereits auf den Weg gebracht.
- Zoll- und Steuerbehörden sollten direkt mit dem Netzwerk „Eurofisc“ zusammenarbeiten. Dies ist ein europäisch-norwegischer Zusammenschluss zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug.
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