Umgehungen: EXW entbindet nicht vom EU-Sanktionsrecht
Europäische Exporteure müssen die europäischen und deutschen Exportkontrollregelungen beachten. Was wäre da einfacher für ein deutsches Unternehmen, als diese Last auf einen Zwischenhändler abzuwälzen. Ist das erlaubt? Ein Factsheet der EU gibt Aufschluss.
Bei einem Vertrag mit der Lieferbedingung EXW fungiert der Verkäufer zollrechtlich nicht als Ausführer. Dazu ist in der Regel B7 EXW Incoterms 2020 geklärt: Es „... hat der Käufer alleAusfuhr-[...]-abfertigungsformalitäten durchzuführen...“
Damit wäre der Verkäufer fein heraus aus allen Risiken. So einfach ist es allerdings nicht: Europäische Unternehmen sind grundsätzlich in der Pflicht, eine Sorgfaltsprüfung durchzuführen, so dass auch die Geschäftspartner diese EU-Sanktionen nicht umgehen können. Dies ist schon länger bekannt und im entsprechenden EU-Leitfaden Guidance for EU operators aus dem Jahr 2023 nachzulesen.
Im neuen EU sanctions Factsheet zum Incoterm EXW betont die EU-Kommission, dass privatrechtliche Abkommen – wie die Verwendung des Incoterms EXW und die damit einhergehende Übertragung der Verantwortung auf den Käufer – die sanktionsbezogenen Verpflichtungen in keiner Weise ändert. Die Sorgfaltspflichten sind also trotzdem einzuhalten.
Im Factsheet führt die EU-Kommission aus, dass alle EU-Akteure und zwar natürliche und juristische Personen verpflichtet sind, die EU-Sanktionen einzuhalten. Dazu zählen z. B. Handelsbeschränkungen für Verkauf, Ausfuhr oder Weitergabe von Waren und Dienstleistungen nach Russland oder zur Verwendung in Russland.
Alle Akteure sind folglich rechtlich haftbar, wenn sie die Sanktionen vorsätzlich oder fahrlässig verletzen. Sie können sich der Haftung nicht durch vertragliche Vereinbarungen entziehen.
Das gilt auch, wenn sie ihre Sorgfaltspflicht in anderen Zusammenhängen nicht erfüllen. Abgesehen von der Rufschädigung riskieren EU-Unternehmen, die gegen Sanktionen verstoßen, verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen.
Und ein Tipp zum Schluss: Manchmal hilft es, "vorne zu verteidigen" und durch Selbstanzeige Strafmilderung zu erlangen. In solchen Fällen sollten sich Betroffen unverzüglich mit einem spezialisierten Juristen in Verbindung setzen.
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