Was wäre, wenn die 50%-Rule für die US Entity List gelten würde?
Mit der 50 %-Rule werden im US-Sanktionsrecht auch indirekte Bereitstellungen unter Finanzsanktionen gestellt. Damit ist die 50 %-Rule das amerikanische Pendant zu den mittelbaren Bereitstellungsverboten, die in sämtlichen EU-Sanktionsverordnungen normiert sind.

Fast Facts: Die 50 %-Rule
Ganz konkret bedeutet die 50 %-Rule, dass Unternehmen, die selbst nicht sanktioniert sind, unter mittelbaren Bereitstellungsverboten stehen, wenn sie sich zu 50 % oder mehr im Eigentum einer sanktionierten Entität befinden. Kennzeichnend für den Anwendungsbereich der mittelbaren Bereitstellungsverbote ist, dass die betroffenen Entitäten selbst nicht gelistet sind. Das Dilemma für Unternehmen besteht darin, dass ein standardmäßig durchgeführtes Sanktionslistenscreening keinen Treffer für den Geschäftspartner meldet und mit den Eigentümern des Geschäftspartners, die zu einem Treffer führen würden, keine Geschäftsbeziehungen bestehen. Mittelbare Bereitstellungsverbote erfordern folglich immer eine Recherche zu den Beteiligtenkonstellationen hinter den Geschäftspartnern.
Bereits in Anwendung: Die 50 % -Rule für die SDN-Liste
Derzeit gilt die 50 %-Rule für alle Sanktionsprogramme der amerikanischen SDN-Liste. Die SDN-Liste ist die US-Finanzsanktionsliste, die vollumfänglich nur von US-Unternehmen beachtet werden muss. Da allerdings einige wenige Sanktionsprogramme der SDN-Liste mit sogenannten Sekundärsanktionen versehen sind, prüfen auch Unternehmen außerhalb der USA ihre Geschäftspartner und deren Eigentümer gegen die SDN-Liste, denn nach US-Verständnis sind Sekundärsanktionen weltweit und damit auch von Nicht-US-Unternehmen zu beachten. Die 50 %-Rule der SDN-Liste hat für Unternehmen mit Sitz außerhalb der USA nur einen sehr beschränkten Anwendungsbereich.
Mögliche Ausweitung: Die 50 %-Rule für die Entity List
Massiv erweitern könnte sich die Bedeutung der 50 %-Rule für Unternehmen außerhalb der USA, wenn künftig eine 50 %-Rule auch für die US Entity List gelten würde. Die Entity List ist eine Liste des extraterritorial ausgestalteten US-Exportkontrollrechts nach den EAR. Die EAR gelten weltweit beim Handel mit US-Produkten und davon gibt es auch in deutschen Unternehmen viele.
Vor dem Hintergrund massiver Sanktionsumgehungen in Richtung Russland ist die Aufnahme der 50 %-Rule in die US-Entity List vom BIS geplant und auch bereits vorbereitet. Die USA möchten insbesondere mit Blick auf die guten Handelsbeziehungen zwischen China und Russland verhindern, dass US-Produkte über nicht gelistete chinesische Entitäten, die im Eigentum gelisteter chinesischer Wirtschaftsunternehmen, Forschungseinrichtungen und Universitäten stehen, unbemerkt in Richtung Russland gehen.
Was wäre wenn: Das Beispiel Huawei
Ganz konkret: Der Huawei Technologies Konzern ist mit mehr als 200 Standorten rund um den Globus auf der EL gelistet. Durch die extraterritoriale Ausgestaltung der EAR ist es weltweit faktisch verboten an diese ausdrücklich genannten Standorte US-Produkte zu reexportieren. Bedenkt man nun, dass es wesentlich mehr Huawei Standorte gibt als die ausdrücklich gelisteten, diese aber mangels 50 %-Rule nicht unter Reexportverboten stehen, wird klar, dass die USA diese Lücke gerne schließen möchten.
Ausblick: Die Bedeutung für Unternehmen außerhalb der USA
Das geplante Vorgehen der USA ist durchaus nachvollziehbar. Allerdings würde die Aufnahme der 50 %-Rule in die EL für Unternehmen außerhalb der USA zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Alle Unternehmen, die US-Produkte in ihrem Portfolio haben, müssen ihre Reexporte gegen die EAR prüfen und dazu würde dann auch die 50 %-Rule für die nicht gelisteten Geschäftspartner gehören. In der Praxis wird dies schon deshalb zu erheblichen Schwierigkeiten führen, weil viele Unternehmen gar nicht wissen, welche Produkte überhaupt als US-Produkte in den Anwendungsbereich der EL laufen. Aktuell bereitet dies keine Probleme, da zumeist alle Geschäftspartner, unabhängig vom US-Produkt gegen die EL geprüft werden. Ergibt die Prüfung einen Treffer, beginnen die Unternehmen über die Rechtsfolgen des Treffers nachzudenken und dazu gehört dann auch die Ermittlung des US-Produkts. Überträgt man dieses Vorgehen auf eine EL mit einer 50 %-Rule, dann müssten für alle Geschäftspartner die Eigentumsverhältnisse ermittelt und auf eine EL-Listung hin überprüft werden. Der Mehraufwand an Zeit und Geld wäre immens.
Positiv ist, dass sich die US-Behörden bislang nicht dazu entschließen konnten, die 50 %-Rule in Kraft zu setzen. Vielmehr wird aktuell über eine nur eingeschränkt geltende 50 %-Rule insbesondere mit Blick auf Geschäftstätigkeiten mit China diskutiert. Wir verfolgen die Diskussionen mit Spannung und halten Sie hier auf dem Laufenden.
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Die als "interim final rule" verabschiedete BIS 50%-Rule (BIS Affiliates Rule) trat am 30. September 2025 in Kraft. Sie wurde allerdings bereits am 10. November 2025 für ein Jahr bis einschließlich 9. November 2026 ausgesetzt.
Beste Grüße
Ruth Setzler, AEB SE0
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