Zentrale Zollabwicklung: Zollprozesse europaweit managen
Mit einer Fachmeldung Mitte August 2021 gab die deutsche Zollverwaltung den Startschuss: Deutsche Unternehmen können ab sofort auch Bewilligungen für eine mitgliedstaatenübergreifende Zentrale Zollabwicklung für ihre Importanmeldungen beantragen. Neben Ausfuhrmeldungen sowie Meldungen in den besonderen Verfahren lassen sich nun auch Importe im deutschen ATLAS-System anmelden und in anderen EU-Mitgliedstaaten gestellen. Das sind die Vorteile und Voraussetzungen.
Kernidee der Zentralen Zollabwicklung
Unternehmen kommunizieren mit der überwachenden Zollstelle. Diese stimmt sich dann ggf. zu zollrelevanten Informationen mit betroffenen Zollstellen in Europa ab, z. B. mit der Ausfuhrzollstelle am Gestellungsort. Was bereits für Ausfuhren und besondere Verfahren möglich war, ist nun auch für Einfuhren sowohl im Rahmen von Einzelzollanmeldungen als auch für vereinfachte Zollanmeldungen sowie für Anschreibungen in der Buchführung des Anmelders nutzbar.
Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand
Damit haben z. B. Wirtschaftsbeteiligte, die in mehr als einem EU-Staat ansässig sind, die Möglichkeit, ihre Abwicklung mitgliedstaatenübergreifend aus einem EU-Staat - über ein zollseitiges IT-System - zu steuern. Indem europaweit das Zoll-Know-How an einem Standort gebündelt wird, etablieren sie einheitliche Zollprozesse, stärken die Zollabteilung am eigenen Standort und sparen z. B. Verwaltungs- oder Transportkosten.
Und die Erfahrungen aus der Praxis machen Mut und unterstreichen, dass die Potentiale und die Chancen ihre Zollprozesse zu modernisieren und zu zentralisieren, den Bewilligungsaufwand oftmals mehr als rechtfertigen. Gleichwohl die zentralisierte Zollabwicklung bei der Ausfuhr nicht mit allen EU-Staaten gleichermaßen gut funktioniert, gibt es gute Erfahrungen u.a. mit Österreich, den Niederlanden, Schweden, Polen, der Tschechischen Republik, Ungarn und Italien.
Die Alternative: Mit AEB direkte Zollanmeldungen in elf Staaten umsetzen. Unternehmen mit Niederlassungen in anderen EU-Mitgliedstaaten, der Schweiz, den USA oder Großbritannien können mit Export Filing die Abwicklung auch über direkte IT-Zollanbindungen organisieren oder von einem Netzwerk geprüfter Zollagenten in weiteren Staaten auch beim Import profitieren.
HZA Nürnberg unterstützt bei Bewilligungsanträgen
Eine Bewilligung zur Zentralen Zollabwicklung (ehem. Einzige Bewilligung) kann nach vorheriger Abstimmung im sogenannten Konsultationsverfahren zwischen den Zollverwaltungen der beteiligten EU-Mitgliedstaaten erteilt werden. Es empfiehlt sich, vor Antragstellung mit dem zuständigen Hauptzollamt oder mit der Kontaktstelle Konsultationsverfahren beim HZA Nürnberg Kontakt aufzunehmen. Dieses steht den Hauptzollämtern und Wirtschaftsbeteiligten während der Antragsphase, bei der Entscheidung sowie bei der Durchführung zur Verfügung.
Als Voraussetzung für die Zentrale Zollabwicklung gem. Art. 179 UZK muss der Antragsteller der Bewilligung ein zugelassener Wirtschaftsbeteiligter für zollrechtliche Vereinfachungen (AEO-C) sein. Der Bewilligungsantrag wird dann über das EU-Trader Portal in elektronischer Form eingereicht. Zuständig für die Erteilung ist regelmäßig das Hauptzollamt, in dessen Bezirk sich der Ort der Hauptbuchhaltung des Antragstellers befindet.
Bis zur vollständigen Entwicklung der IT-Systeme in der EU wird durch die deutsche Zollverwaltung bereits für die Ausfuhr die Bewilligung als Zugelassener Ausführer (SDE-Bewilligung gem. Art. 166 UZK) um die bewilligten Verpackungs- und Verladeorte in anderen EU-Staaten erweitert. Mit minimalem Aufwand: In Export Filing: ATLAS wird die mitgliedstaatenübergreifende CCL-Bewilligung daher nicht separat, sondern als zusätzlicher Ladeort in der bestehenden SDE-Bewilligung hinterlegt.
Diese Warenkreise sind möglich
Die Bewilligung kann dann grundsätzlich für genehmigungs- und lizenzfreie Waren genutzt werden. Sofern verbrauchsteuerpflichtige Waren im Rahmen der Bewilligung im Steueraussetzungsverfahren angemeldet werden sollen, sind die verbrauchsteuerrechtlichen Bestimmungen der beteiligten Mitgliedstaaten zu beachten und einzuhalten.
Bis zum Erlass einer Entscheidung (nach Art. 22 Abs. 3 UZK) gilt die Bearbeitungsfrist: Grundsätzlich 120 Tage ab Antragsannahme und der Verlängerungsmöglichkeit der Bearbeitungszeit um höchstens 30 Tage. (Art. 22 Abs. 3 UA 2 UZK). Eine Fristverlängerung für Antragsteller um max. 30 Tage ist möglich, um fehlende Informationen für die Entscheidung nachzureichen (Art. 13 I UZK-DA).
Planbare Aufwände in der Praxis
Da die Zollsysteme der Mitgliedstaaten noch nicht hinreichend miteinander kommunizieren, sind auch im laufenden Betrieb Meldungsaufwände zu berücksichtigen. Die Zollanmeldungen werden mit ATLAS abgegeben, darin werden dann auch die Zollabgaben festgesetzt. Bereits im Rahmen der Bewilligungserteilung wird darüber hinaus z. B. festgelegt, wie der Zoll des Einfuhrlands über die Einfuhren unterrichtet wird. Das dürfte außerhalb der nationalen elektronischen Meldeverfahren geschehen und Aufgabe des Einführers/Bewilligungsinhabers sein. Darüber hinaus werden die Meldung und Abführung der Einfuhrumsatzsteuer sowie die Statistikmeldung (Extrastat) mit dem jeweiligen Einfuhrland geklärt.
Deutsche Standorte bei der Zollabwicklung stärken
Neben der Vereinheitlichung der Prozesse, Einsparpotential bei den Transportkosten wird der deutsche Standort dank zentraler Zollabwicklung deutlich gestärkt. Was z. B. niederländische Unternehmen und auch die niederländische Zollverwaltung (www.belastingdienst.nl) bereits als Standortvorteil für sich erkannt haben, können nun auch deutsche Unternehmen in ihren strategischen Entscheidungen prüfen.
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