Reform der Dual-Use-Verordnung: Die wesentlichen Änderungen im Überblick
Am 10. Mai 2021 hat der Europäische Rat die am 21. April 2021 neugefasste Dual-Use-Verordnung angenommen. Am 11. Juni 2021 hat das Europäische Parlament und der Rat die angenommene Verordnung unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die reformierte Dual-Use-VO wird dann 90 Tage später in Kraft treten.
Bereits im Oktober 2016 hat die EU-Kommission einen ersten Entwurf zur Neufassung der EG-Dual-Use-VO 428/2009 vorgelegt. Der Schwerpunkt der Reform sollte die Erweiterung des Kontrollbereichs der EG-Dual-Use-VO auf den Schutzbereich von Menschenrechten sein.
Geplant war unter anderem die Aufnahme einer Genehmigungspflicht für die Ausfuhr nicht gelisteter Güter, bei Kenntnis einer Verwendung im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen. Insbesondere diese weit gefasste Catch-all-Regelung hat zu großen Widerständen in der Wirtschaft geführt. Die Wirtschaftsvertreter kritisierten die fehlenden Beschränkungen auf einen Güter- oder Länderkreis und sahen dadurch erhebliche Rechtsunsicherheiten auf die Unternehmen zukommen.
Zu den Bedenken aus der Wirtschaft kamen Uneinigkeiten bei den beteiligten EU-Institutionen, die die Ausdehnung des Schutzbereichs der Dual-Use-VO auf Menschenrechtsverletzungen sehr kontrovers diskutierten. Im Fokus standen hier unter anderem die Schaffung einer EU-eigenen Güterliste mit Gütern für die digitale Überwachung sowie stärkere Transparenzpflichten auf die Genehmigungsentscheidungen der nationalen Behörden.
Im Ergebnis führten die Diskussionen dazu, dass sowohl die Idee einer EU-eigenen Güterliste als auch die ursprünglich angedachte weite Catch-all-Klausel im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen verworfen wurde.
Vor diesem Hintergrund zog sich das Gesetzgebungsverfahren für die Novellierung der Dual-Use-VO über fast fünf Jahre. Am 9. September 2021 wird die neue Dual-Use-VO nun in Kraft treten.
Die wesentlichen Änderungen der neuen EU-Dual-Use-Verordnung und was gleichbleibt.
Der Schwerpunkt der Neuregelung liegt inhaltlich in der Einführung einer menschenrechtsbezogenen Catch-all-Regelung, deren Anwendungsbereich auf Güter für die digitale Überwachung beschränkt ist. Damit wurden die ursprünglichen Gedanken der Dual-Use-Reform zwar in die neue Dual-Use-Verordnung mit aufgenommen, allerdings wurde der Anwendungsbereich der angedachten Kontrollen deutlich eingeschränkt.
In der Praxis bedeutet die Umsetzung der Vorgaben der reformierten Dual-Use-Verordnung einen Abgleich der bisher gültigen EU-Vorschriften der EG-Dual-Use-VO 428/2009 mit denen der neuen Dual-Use-VO. Vor diesem Hintergrund werden an dieser Stelle nicht nur die wesentlichen Änderungen aufgelistet, sondern auch ein Blick auf das geworfen, was unverändert bestehen bleibt.
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Unverändert bestehen bleiben die Genehmigungspflicht für gelistete Güter des Anhang I in Art. 3 sowie die Catch-all-Regelungen für nicht gelistete Güter in Art. 4.
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Neu hinzukommt eine Catch-all-Regelung in Art. 5 für die Ausfuhr nicht gelisteter digitaler Überwachungsgüter (cyber surveillance items). Eine Genehmigungspflicht besteht danach dann, wenn der Ausführer Kenntnis hat oder durch die Behörde unterrichtet wurde, dass „die betreffenden Güter ganz oder teilweise für eine Verwendung im Zusammenhang mit interner Repression und/oder der Begehung schwerwiegender Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht bestimmt sind oder bestimmt sein können“.
Welche Güter unter den Begriff der „Güter für digitale Überwachung“ fallen, wird in den Begriffsbestimmungen des Art. 2 Nr. 20 definiert.
Mit dieser Catch-all-Regelung wird die Zielrichtung der reformierten Dual-Use-VO, wie ursprünglich gefordert auf die Kontrolle von Menschrechtsverletzungen ausgeweitet. Durch die Beschränkung des Güterkreises auf digitale Überwachungsgüter wird der Anwendungsbereich der Vorschrift, wie von den Vertretern der Wirtschaft gefordert, konkretisiert und die geforderte Rechtssicherheit bei der Umsetzung gewährt.
Erstmals wird auf EU-Ebene die technische Unterstützung geregelt. Art. 8 sieht für die Erbringung technischer Unterstützung im Zusammenhang mit Dual-Use-Gütern des Anhang I eine Genehmigungspflicht vor, wenn „die betreffenden Güter ganz oder teilweise für eine der Verwendungen im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 bestimmt sind oder bestimmt sein können.“ Art. 4 Abs. 1 regelt die Verwendung im Zusammenhang mit chemischen, biologischen oder Kernwaffen und Trägerraketen für diese Waffen. Neben dieser EU-weit geltenden Regelung bleiben die nationalen Genehmigungspflichten für technische Unterstützung gem. §§ 49ff AWV für deutsche Unternehmen bestehen.
Gegenseitige Nutzung nationaler Güterlisten, neue Genehmigungen, engere Zusammenarbeit
Interessant ist die Regelung des Art. 10 der neuen Dual-Use-VO. Danach besteht für jeden EU-Mitgliedstaat die Möglichkeit auf die nationalen Güterlisten anderer Mitgliedstaaten zurückzugreifen. Mit dieser Regelung soll eine schnelle Reaktion auf den zunehmenden Regelungsbedarf von Emerging Technologies gewährleistet werden. Musste bisher entweder eine eigene Listenposition in der nationalen Dual-Use-Güterliste (in DE Teil 1 Abschnitt B der Ausfuhrliste) aufgenommen werden oder aber abgewartet werden, bis eine internationale Listung aus den Exportkontrollregimen erfolgte, kann nun auf bereits bestehende nationale Listungen anderer Mitgliedstaaten zurückgegriffen werden.
Mit dem Inkrafttreten der reformierten Dual-Use-Verordnung stehen allen Unternehmen mit Sitz in der EU zwei neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen zur Verfügung:
- In den Anwendungsbereich der EU007 fällt der konzerninterne Technologietransfer für einen bestimmten Länderkreis.
- Für die Ausfuhr bestimmter Verschlüsselungsgüter (Kat. 5 Teil 2 des Anhang I der EG-Dual-Use-VO) können EU-Unternehmen die Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen EU008 für eine Vielzahl von Ländern nutzen.
Ein weiteres Ziel der neuen Dual-Use-VO ist die Schaffung eines in allen EU-Mitgliedstaaten einheitlich gelebten Exportkontrollsystems. Die reformierte Dual-Use-VO enthält an verschiedenen Stellen Regelungen, die darauf abzielen, eine engere Zusammenarbeit der Genehmigungsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten zu erreichen. So schafft beispielsweise Art. 24 die rechtliche Grundlage für die Einsetzung einer Koordinierungsgruppe. Diese setzt sich aus Vertretern der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zusammen. Die Koordinierungsgruppe erörtert und prüft Fragestellungen aus den einzelnen Mitgliedstaaten, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung der Dual-Use-VO ergeben.
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