Brexit: Der Umgang mit den neuen Grenzen
Der Warenverkehr innerhalb der EU bleibt wie gehabt. Allerdings umfasst die EU nun nur noch 27 Staaten (ohne das Vereinigte Königreich). Einen besonderen Status nimmt Nordirland ein: Handelspolitisch wird Nordirland wie ein EU-Staat gehandhabt (mit dem Ländercode XI). Politisch gehört Nordirland aber weiterhin zum Vereinigten Königreich, das aus Großbritannien (England, Schottland und Wales) und eben Nordirland besteht (Ländercode: weiterhin GB).
Was ist aber nun bei welchen Warenströmen zu beachten?
Zwischen der EU und Nordirland
Zwischen der EU und Nordirland ändert sich bei den Warenbewegungen nichts: Lieferungen werden weiterhin als innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt. Die umsatzsteuerliche Handhabung bleibt wie gehabt, u.a. mit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Meldungen für die Intrastat erfolgen mit dem Code XI. Bei Speditionsaufträgen hingegen wird das Länderkürzel nicht unbedingt akzeptiert. Fragen Sie hier bei Ihrem Speditionsunternehmen nach.
Bei Lieferungen mit dem Ziel Irland oder Nordirland, die durch das Gebiet Großbritanniens transportiert werden, entspricht die Abwicklung der einer Lieferung beispielsweise zwischen Deutschland und Italien, die durch die Schweiz führt. Hier wird das gemeinsame Versandverfahren für Unionswaren (T2) angewendet. Dieses wird durch den Transporteur abgewickelt.
Die unbürokratischste Art innergemeinschaftlicher Lieferungen mit Nordirland läuft über die direkten Fährverbindungen zwischen Cherbourg bzw. Dünkirchen nach Rosslare und Dublin. Für die EU-Waren muss gegebenenfalls über ein T2L oder andere Handelspapiere der Gemeinschaftscharakter nachgewiesen werden.
Tipp: Identifizieren Sie Ihre Kunden in Nordirland über die Postleitzahl. Diese beginnt grundsätzlich mit BT für Belfast.
Zwischen Großbritannien und Nordirland
Das Border Operating Model der britischen Regierung sieht ein weiteres neues IT-System vor, mit dem sämtliche Warenbewegungen von Nordirland in Richtung Großbritannien erfasst werden, um die Abwicklung zu beschleunigen. Mit dem Goods Vehicle Movement Service (GVMS) sollen die britischen Behörden schon vor dem Check-in auf die Fähre alle notwendigen Informationen für eine papierlose Zollabfertigung erhalten.
Das Speditionsunternehmen muss das GVMS verwenden, um alle Referenznummern des Versandbegleitdokuments für jeden Anhängertransport mit einer GMR (GMR Warenversandnummer) zu verknüpfen. Ohne eine vollständige GMR können Fahrer nicht an Bord internationaler Fähren oder des Eurotunnels gehen. Seit 1. Januar 2021 wird es für alle Versandverfahren verwendet. Ab 1. Juli 2021 ist die Benutzung für alle Einfuhren in das Vereinigte Königreich. vorgesehen
Für den Transport von Nordirland nach Großbritannien muss ggf. beispielsweise bei kontrollierten Gütern eine Ausfuhranmeldung (CDS) gemacht werden. HMRC hilft mit Leitfäden und interaktivem Fragebogen weiter.
Ausfuhr aus der EU nach Großbritannien
Seit 1.1.2021 ist eine Ausfuhranmeldung notwendig. Während im Handelsabkommen TCA die „Nullzollsätze und Nullquoten“ zunächst großartig klingen, müssen einführende und ausführende Unternehmen bürokratischen Aufwand betreiben, um wirklich davon zu profitieren. Denn Präferenzzollsätze können nur beansprucht werden, wenn sie mit „präferenziellen Ursprungswaren“ handeln und dies im Detail dokumentieren und nachweisen. Eine präferenzberechtigte Ausfuhr von Waren über 6.000 Euro darf nur ein registrierter Ausführer (REX) nachweisen. Wird Ware ohne nachgewiesenem EU-Ursprung gehandelt, gilt der neue UK Trade Tariff. Dieser ist auch in Access2Markets der EU-Kommission enthalten.
Üblicherweise werden für die Transporte vom europäischen Festland der Eurotunnel und die Fährverbindungen genutzt. Die französischen und niederländischen Häfen haben dafür elektronische Anmeldungen vorgesehen, die für Vereinfachungen sorgen. Von Frankreich gelangen Waren ab Calais, Dunkerque, Dieppe, Le Havre, Caen, Cherbourg, St. Malo und Roscoff mit dem System Smart Border nach Großbritannien. Von den Niederlanden werden die Überfahrten ab Rotterdam, Amsterdam und Hoek van Holland mit Portbase organisiert. Weitere Verbindungen vom europäischen Festland existieren ab Belgien (Antwerpen, Zeebrugge und Gent) und Spanien (Santander und Bilbao). Speditionen kennen in der Regel die korrekte Ausgangszollstelle für Ihre Zollanmeldung.
Sollte Ihr Geschäftspartner die Angabe eines Custom Procedure Code (CPC) oder seiner VAT-Nummer oder GB-EORI wollen, so lassen Sie sich die Daten von ihm geben und vermerken Sie diese ggf. auf der Rechnung. Damit sorgen Sie neben einem reibungslosen Export auch für eine schnellere Importabwicklung. Die Ankunft nicht-kontrollierter Güter in Großbritannien kann durch das Roll-on Roll-off-Verfahren erleichtert werden, das an diesen Häfen bzw. im Eurotunnel eingesetzt wird.
Ausfuhr aus Großbritannien und Einfuhr in die EU
Wer Waren aus Großbritannien in die EU einführt, muss eine Importanmeldung abgeben. Gegebenenfalls werden bei Waren ohne nachgewiesenen GB-Ursprung Zölle fällig. Unabhängig vom Ursprung können auch Lizenzen, Zertifikate oder andere Dokumentationen erforderlich werden.
Bestimmen Sie vor dem Import den Ort der Verzollung. Sie können die Verzollung im Ankunftshafen durchführen (lassen), oder die Ware im T1 Versandverfahren zu sich (wenn Sie Zugelassener Empfänger sind) bzw. zu Ihrem Zollamt liefern lassen und dort verzollen. Ist der Ankunftshafen im europäischen Ausland und Sie wünschen eine Grenzverzollung, können Sie dafür das Verfahren 4200 nutzen. Im Anschluss kommt die Ware als innergemeinschaftliche Lieferung zu Ihnen. Für die Verzollung und die Intrastatmeldung benötigen Sie i.d.R. einen Fiskalvertreter.
Austausch mit Experten
Sollten Sie sich über die Feinheiten im Umgang mit dem Brexit unter Experten austauschen wollen, kommen Sie doch zum Online-Seminar mit Senior Consultant Carsten Bente oder befragen Sie Dr. Thomas Hartinger zum TCA.
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