Was 2021 in Zoll- und Außenwirtschaft wichtig wird
Die politische Großwetterlage sagt weiterhin stürmische Zeiten voraus. Viele Staaten zeigen nationale Abschottungstendenzen, was sich in nicht-tarifären Handelshemmnissen wie Zertifizierungen, technischen Normungen oder mengenmäßigen Beschränkungen niederschlägt. Wenn Sie nach bereits bekannten Handelshemmnissen suchen, stellt das neue EU-Tool Access2Markets eine eigene Rubrik dafür zur Verfügung.
Im Spannungsfeld zwischen USA und Volksrepublik China
Europäische Unternehmen werden Wege z. B. durch den weiter eskalierenden Handelskonflikt zwischen China und den USA finden müssen. Die Entkopplung der beiden Staaten wirkt sich auf viele Ebenen aus. Die Ächtung von Zwangsarbeit in der Region Xinjiang durch die USA wurde im Dezember in die Exportkontrollvorschriften aufgenommen und hat im Januar zu einem Einfuhrverbot von chinesischen Textilien und Tomaten aus dieser Region in die USA geführt. Angekündigt wurden dazu durch die USA Prüfungen, um zu verhindern, dass Baumwolle und Erzeugnisse aus Xinjiang importiert werden.
Nicht nur bezüglich der Handelsströme geraten die beiden Global Player aneinander, auch die strikte Trennung der ITK-Netzwerkinfrastruktur hat in den USA das Projekt “Clean Network” auf den Plan gerufen, während China kontinuierlich eigene Technologiekonzerne pusht. Gleichzeitig erheben beide Nationen für ihre Exportkontrollvorschriften weltweiten Anspruch. Im Dezember 2020 ist das chinesische Exportkontrollgesetz in Kraft getreten und Unternehmen sollten prüfen, ob sie betroffen sind: 4 Tipps für Unternehmen.
Die Europäische Handelskammer in China hat in Zusammenarbeit mit MERICS im Bericht Decoupling – Severed Ties and Patchwork Globalisation eine aktuelle Diagnose vorgelegt. Europäische Unternehmen könnten in der Konsequenz gezwungen sein zwei unterschiedliche Lieferketten aufzubauen, um sich weiterhin die Marktzugangschancen zu erhalten.
Währenddessen sollten Sie auch Änderungen im Blick behalten, die in diesem Jahr sicher kommen:
Modernisierte Basis: Umstellung der 6stelligen Warennummern Ende 2021
Alle fünf Jahre passt die World Customs Organisation das weltweit gültige Harmonisierte System (HS) an die technischen Entwicklungen an. Dieses bildet die Basis für die 8stellige Kombinierte Nomenklatur (KN), die Sie für Ihre Exportanmeldungen nutzen und den 11stelligen Elektronischen Zolltarif (EZT) für Ihre Einfuhren. Mit den Änderungen an der Basis müssen ab Ende 2021 Unternehmen ihre Waren gemäß der aktuellen Warennummern neu einreihen. Prüfen Sie daher frühzeitig, welche Aufwände für Sie entstehen.
Auf ihrer Website fasst die WCO die Änderungen zusammen. Neben technischen Anpassungen, die 3D-Drucker, Monitore oder Halbleiter betreffen, tragen die neuen Warennummern auch der Coronapandemie Rechnung. Es soll in Zukunft leichter werden Geräte zur Diagnose von Infektionskrankheiten oder Diagnosekits einzureihen. Insgesamt sind 351 Produktgruppen betroffen. Hier lohnt sich ein Blick in das PDF zu den Änderungen.
Neues Überwachungssystem: Import Control System 2 geht an den Start
Zunächst nur in kleinem Umfang startet die EU das Import Control System 2 (ICS2) für Post- und Expresssendungen ab März 2021. Zusammen mit Norwegen, der Schweiz und Liechtenstein sorgt ein einheitliches System zur Risikobewertung von Importen für einen gemeinsamen Zollsicherheitsraum. So wird garantiert, dass die Waren innerhalb der angeschlossenen Parteien einfach und schnell transportiert werden können. Mehr zu den drei geplanten Releases, die bis Ende 2024 vollständig für die Wirtschaftsbeteiligten umgesetzt sein sollen, lesen Sie in dem Beitrag von Dr. Thomas Hartinger zum Import Control System 2.
Anmeldeschwelle für Importe: Geringfügige Kleinsendungen ab Juli 2021 meldepflichtig
Es sind schon beeindruckende Zahlen, was durch Importe von Kleinsendungen im E-Commerce-Bereich in den europäischen Mitgliedsstaaten umgesetzt wird. Diese können größtenteils befreit von Zöllen eingeführt werden, denn hier liegt die Geringfügigkeitsschwelle bei 150 Euro. Einfuhrumsatzsteuerbefreit sind Sendungen, wenn der Warenwert unter 22 Euro liegt. Diese Schwelle wird zum 1. Juli 2021 abgeschafft und es wird erforderlich auch diese Kleinsendungen anzumelden. Für Unternehmen besteht dann grundsätzlich eine Anmeldepflicht, auch z.B. für Muster- und Dokumentensendungen (ggf. ausgenommen Briefsendungen).
In der Erwartung, dass damit auch die Unterfakturierung abnimmt, werden EU-weite Mehreinnahmen von 7 Mrd. Euro jährlich erwartet. Dies gehört zu den EU-Maßnahmen im Rahmen des Mehrwertsteuer-Digitalpakets. Fokus dessen am 1. Juli 2021 in Kraft tretender Maßnahmen sind B2C erbrachte Dienstleistungen und B2C Versandhandelsgeschäfte. Lesen Sie mehr auf den Seiten der EU-Kommission Modernisierung der Mehrwertsteuer für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel oder zusammengefasst bei der IHK Köln: Die wesentlichen Änderungen im Umsatzsteuerrecht.
Neues Import-Meldesystem ab 2022: ATLAS-IMPOST
Den aus den neuen Regelungen entstehenden massenhaften Anstieg von Importanmeldungen für Post- und Kuriersendungen begegnet die deutsche Zollverwaltung mit einem gesonderten Meldesystem: ATLAS-IMPOST (Importabfertigung von Post- und Kuriersendungen). Hier muss nur ein reduzierter Datenkranz gemeldet werden. Klar ist mittlerweile auch, dass dies nicht rechtzeitig zum Stichtag einsatzbereit sein wird. Voraussichtlich in Betrieb gehen kann dies Anfang 2022. Hier müssen für alle Beteiligten noch praktikable Zwischenlösungen gefunden werden.
Digitaler Ausbau: ATLAS-ZELOS startet mit Einfuhr Mitte 2021
Für die Zollabfertigung notwendige Unterlagen, Anfragen oder Stellungnahmen sollen zukünftig ebenfalls elektronisch ausgetauscht werden. Nachdem ATLAS-ZELOS für Export- und Versandanmeldungen auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, sieht es so aus, dass es für Importanmeldungen ab Mitte 2021 realisiert wird. Mit dieser Erweiterung können dann vorgangsbezogen Unterlagen und Stellungnahmen zwischen Unternehmen und dem Zollamt elektronisch ausgetauscht werden. Teilnehmer können dann proaktiv Unterlagen elektronisch versenden alternativ können Zollämter elektronisch ergänzende Informationen anfordern.
Sorgfaltspflicht: Verantwortlicher Handel mit Konfliktmineralien rechtlich vorgeschrieben
Unternehmen, die vor- oder nachgelagert mit Konfliktmineralien – Gold, Wolfram, Tantal, Zink und deren Erzen – handeln, müssen seit Anfang dieses Jahres ihre Lieferketten sorgfältig überprüfen und ggf. dokumentieren. Vorgelagert gelten Unternehmen, die Rohstoffe abbauen, verarbeiten und veredeln, als nachgelagert, wenn sie Metalle zu einem fertigen Erzeugnis verarbeiten und in den Verkauf bringen. Unternehmen müssen die Einhaltung der neuen gesetzlichen Bestimmungen sicherstellen. Sie minimieren damit Risiken wie Reputationsschäden. Das neue EU-Portal Due Diligence Ready! unterstützt dabei Lieferanten zu finden, die nicht z. B. mit Zwangs- oder Kinderarbeit oder Korruption in Verbindung gebracht werden. Welche Warennummern betroffen sind und welche Maßnahmen notwendig sind lesen Sie in dem Beitrag Lieferkettensicherheit: Herausforderung Zukunft.
Reform: EU-Staaten ratifizieren neue Dual Use-Verordnung
Bereits seit dem Sommer 2016 wird in der EU über die Reform der EG-Dual-Use-VO diskutiert. Ein wesentliches Ziel der Reform ist der Schutz der Menschenrechte. In diesem Zusammenhang wird der Kontrollbereich von Abhör- und Überwachungssoftware und -technologie erweitert. Ausfuhren von Abhör- und Überwachungstechnik aus der EU sollen unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Autoritären Regimen soll es künftig nicht mehr möglich sein Überwachungstechnik aus der EU zur Unterdrückung von Oppositionsgruppen und Menschenrechtsverletzungen zu nutzen. Neben dem Schutz von Menschenrechten zielt die Reform insbesondere darauf ab, sog. „emerging technologies“ besser kontrollierbar zu machen. Im November 2020 haben sich der Rat der EU und das Europäische Parlament auf eine neue Verordnung für die Exportkontrolle von Dual-Use-Gütern geeinigt. Im nächsten Schritt muss die erzielte Einigung noch von den Mitgliedstaaten bestätigt werden.
Brexit in der Praxis: Alltagstauglichkeit des Freihandelsabkommens
Auch wenn das Freihandelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich seit dem 31. Dezember 2020 als Ergebnis auf dem Tisch liegt, warten auf Unternehmen noch zahlreiche Nacharbeiten. Dass Wurstbrote die Grenze nicht überschreiten dürfen, ist spätestens seit der Aktion eines niederländischen Zöllners klar, der den Pausensnack eines LKW-Fahrers kurzerhand konfiszierte. Doch fast 1.400 Seiten enthalten noch jede Menge Kleingedrucktes, das seinen Weg in die Praxis erst finden muss. Neben einer vorübergehenden Regelung für die Übermittlung personenbezogener Daten, die zunächst nur für vier Monate gilt, müssen sich auch die neuen Regelungen für die Erbringung von Dienstleistungen etablieren. Noch stehen Unternehmen, die Montagen oder Wartungen im Auftrag von Dritten in UK vornehmen wollen, vor einem Bürokratiewirrwarr. Gelten die Regelungen aus dem Abkommen oder widerspricht dies den Immigration rules der britischen Behörden?
Zumindest zum Warenverkehr liegen mittlerweile ausführliche Hilfestellungen vor: Ursprungsregeln im neuen Handelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nutzen.
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