Problemterm EXW?! – Incoterms 2020
„Ab Werk“
Oft stellt sich die Frage, welche Incoterms verwendet werden sollten, wenn ein Unternehmen ab seinem Werksgelände liefern möchte. Viele Unternehmen setzen schon seit langem „EXW“ ein – doch das ist selten die beste Wahl. Warum?
Situation:
Das Unternehmen V hat seine verpackten Waren mit einem Listenpreis von 10.000 Euro ab Werk für deutsche und EU-Kunden kalkuliert. Jetzt fragt ein japanischer Großhändler K bei V nach einer Lieferung an.
In Konstellationen wie hier ist es meist so, dass der Verkäufer die Ware zur Ausfuhr anmeldet. Oft geht es sogar so weit, dass der Kunde dem Verkäufer (gegebenenfalls sogar erst nachträglich) den Auftrag gibt, den Transport in seinem Namen abzuwickeln. Sollte es sich um den Verkauf genehmigungspflichtiger Waren handeln, so bleibt am Schluss kaum kein anderer praktikabler Weg, als dass der Verkäufer (V) alle zur Ausfuhr notwendigen Schritte übernimmt.
Welcher Term eignet sich nun, wenn V mit einem Ab-Werk-Preis arbeiten möchte?
Möglichkeit EXW:
Die Klausel EXW ist in der Regel. für eine Lieferung ungeeignet, wenn der Abholer (hier also der japanische K) nicht selbst lädt und (oder) nicht selbst die komplette Ausfuhr abwickelt.
Die Internationale Handelskammer (ICC) weist darauf hin, dass die Klausel EXW nur für inländische Lieferungen geeignet ist („EXW kann für Inlandsgeschäfte geeignet sein, …“ - Incoterms® 2020, ICC Germany, S. 27). Und das mit gutem Grunde: EXW ermöglicht es dem Verkäufer nicht, den Frachtführer auszusuchen – er soll gerade nicht der Versender der Ware sein. Diese Rolle trifft nach dem Regelwerk den Käufer.
Die Ausfuhr kann der Verkäufer nicht rechtlich sauber beim Zoll anmelden, weil er nicht über das Verbringen der Ware zu verfügen hat – das wäre ja erst bei einer F-, C- oder D-Klausel der Fall (Regel EXW-A7).
Für den Käufer der Ware bedeutet EXW außerdem, dass er die Beladung beim Exporteur (V) bezahlen muss und Ladeschäden auf dem Hof des Verkäufers nicht durch diesen abgesichert sind.
Das Fazit ist, im grenzüberschreitenden Verkehr grundsätzlich kein EXW zu verwenden.
Möglichkeit FCA:
FCA ist also hier die bessere Alternative. Warum?
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Variante 1 a)
Noch einmal die erste Situation: Unternehmen V hat seine Waren für deutsche / EU-Kunden kalkuliert. Der japanische Großhändler K fragt nun bei V nach einer Lieferung an, und die Ware wird produziert, standardmäßig verpackt, auf Industriepaletten bereitgestellt. V wickelt die Ausfuhr ab und übernimmt Ausfuhrkontrollmaßnahmen sowie die Zollanmeldung mit einem ABD. Der Kunde beauftragt die Spedition, der Spediteur kommt am vereinbarten Datum, V lässt den LKW beladen, der Spediteur lässt sich das ABD aushändigen und bringt die Ware über die Grenze zum Käufer.
Das ist, was von vielen Unternehmen gewollt ist und den Verkäufer zum einen in die Lage versetzt, einen Ab-Werk- (FCA-) Preis zu kalkulieren und sich weder zum Zeitpunkt der Kalkulation noch später über Transportkosten Gedanken machen zu müssen.
Der Verkäufer hat die Ware bereitzustellen und zu verpacken, die Ausfuhr freizumachen und das abholende Fahrzeug zu beladen. Gefahr und Kosten gehen über, wenn der Käufer ein Frachtmittel fristgerecht bereitstellt und dann die Ware vom Verkäufer auf das Fahrzeug abgesetzt wurde. Darüber hinaus trifft den Verkäufer keine weitere Pflicht. V muss hier insbesondere weder den Frachtvertrag noch eine Versicherung abschließen.
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Variante 1 b)
Allerdings kommt in der Praxis häufig noch die Aufforderung des Kunden hinzu, für ihn den Transport zu organisieren.
Hier ermöglicht die Klausel FCA, dass – sofern vereinbart – der Verkäufer zu den üblichen Bedingungen einen Frachtvertrag auf Kosten und Gefahr des Käufers abschließen kann. Dies versetzt den Verkäufer in die komfortable Situation, dass das Angebot ein Ab-Werk (FCA-) Preis bleibt, der Käufer also den Frachtvertrag des Verkäufers bezahlen muss, solange sich dieser im Bereich der üblichen Bedingungen hält. Und das, ohne diesen Transport in der Kalkulation berücksichtigen zu müssen.
Die Frachtgefahr liegt beim Käufer, weil der Verkäufer diesbezüglich nur als Gehilfe des Käufers auftritt. Die Bezahlung der Fracht wird in der Praxis entweder zunächst vom Verkäufer an den Spediteur vorgenommen und dann dem Kunden in Rechnung gestellt oder die Frachtrechnung wird von diesem direkt an den Käufer ausgestellt und dann auch direkt von ihm beglichen. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn der Käufer schon beim Spediteur bzw. Kurierdienstleister Kunde ist.
Fazit: FCA ist neben den C-Klauseln wohl die variantenreichste der Klauseln. Neben der oben genannten Lieferung „FCA, Werk des Verkäufers“ bietet FCA ja auch noch die Möglichkeit einen anderen Ort, z. B. Versendeterminal als Übergabeort zu benennen.
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Sehr geehrter Herr Rude, vielen Dank für Ihren Beitrag.Ich habe da eine kleine Anmerkung:Bei Variante 1a schreiben Sie:Variante 1 a)Noch einmal die erste Situation: Unternehmen V hat seine Waren für deutsche / EU-Kunden kalkuliert. Der japanische Großhändler K fragt nun bei V nach einer Lieferung an, und die Ware wird produziert, standardmäßig verpackt, auf Industriepaletten bereitgestellt. V wickelt die Ausfuhr ab und übernimmt Ausfuhrkontrollmaßnahmen sowie die Zollanmeldung mit einem ABD. Der Kunde beauftragt die Spedition, der Spediteur kommt am vereinbarten Datum, V lässt den LKW beladen, lässt sich das ABD aushändigen und bringt die Ware über die Grenze zum Käufer.Kann es sein, dass der letzte Satz nicht vollständig ist?:...Der Kunde beauftragt die Spedition, der Spediteur kommt am vereinbarten Datum, V lässt den LKW beladen, "der Spediteur" lässt sich das ABD aushändigen und bringt die Ware über die Grenze zum Käufer.MfGN.Gottschalk
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Stimmt. Danke für die Vervollständigung. 0 -
Guten morgen Herr Rude,
wir haben einen aktuellen Fall, entsprechend Ihrer Variante 1a.
Aber: Die Verladung erfolgt (bei uns) durch die Spedition (Versand einer Maschine). Und wir wollen sicher gehen, daß wir nicht verantwortlich sind, falls bei der Verladung etwas passiert.
Wäre in diesem Fall EXW nicht sicherer?
Danke für Ihre Rückinfo.
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Sehr geehrte Frau Weisser, Stimmt. In diesem Fall sollte natürlich aber auch eine Mithilfe durch Ihr Unternehmen nicht stattfinden. - Das kenne ich häufig bei der Abholung von gebrauchten Anlagen in Produktionsbetrieben.In diesem Fall sollte aber auch kein Export in Drittländer stattfinden, bei dem Sie die Ausfuhr abwickeln. Sonst entsteht nur Verwirrung bei der Abwicklung des Exports.Mit freundlichen Grüßen,Clemens Rude0 -
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