Nach Inkrafttreten des mittlerweile elften Sanktionspaketes durch die EU am 23. Juni 2023, hat AEB die erlassenen restriktiven Maßnahmen analysiert, und stellt im Folgenden umfassende Informationen bereit, wie AEB Anwendungen Sie unterstützen können.
Bewerten Sie abhängig vom Geschäftsbereich Ihres Unternehmens, welche restriktive Maßnahmen relevant sind und daher in der Software und in der unternehmensinternen Organisation (ICP) umgesetzt werden müssen. Informieren Sie sich über die aktuellen Inhalte der Sanktionsmaßnahmen auch auf den Webseiten von US-, EU- oder nationalen Behörden. Einige nützliche Links finden Sie unten.
- Die praktische Umsetzung der Sanktionsmaßnahmen im Unternehmen erfordert umfassendes Fachwissen aus den Bereichen Sanktionsrecht und Exportkontrolle. Dieser Artikel verfolgt den Zweck Ihnen einen Überblick über die Sanktionsmaßnahmen zu geben und die Möglichkeiten für die Umsetzung oder Prüfung dieser vielfältigen Sanktionsmaßnahmen in AEB Trade Compliance aufzuzeigen.
Sanktionen seitens der EU
Die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland, die seitens EU beginnend ab 23. Februar 2022 veröffentlicht wurden, umfassen verschiedenen Bereiche und beinhalten diverse Rechtsfolgen.
Ein Teil der neuen Sanktionsmaßnahmen basiert auf den seit dem Jahr 2014 geltenden EU-Verordnungen, die angesichts der Handlungen Russlands als Reaktion auf die Annexion der Halbinsel Krim erlassen wurden. In den Jahren 2022 und 2023 wurden diese Embargo-Verordnungen durch diverse Änderungsverordnungen und Durchführungsverordnungen erheblich erweitert.
- Verordnung (EU) 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 (konsolidierte, nicht amtliche Fassung)
- Verordnung (EU) 692/2014 des Rates vom 23. Juni 2014 (konsolidierte, nicht amtliche Fassung)
- Verordnung (EU) 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 (konsolidierte, nicht amtliche Fassung)
Als erste Reaktion der EU auf Russlands Annexion der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk wurden weitere Sanktionen gegen Russland mit Bezug auf diese Gebiete beschlossen.
Die oben genannten Embargoverordnungen, geändert und erweitert durch mehrere Änderungs- und Durchführungsverordnungen, bilden gesammelt die rechtliche Grundlage für das Russland-Embargo.
Diese offizielle Infographik veröffentlicht durch den Europäischen Rat, zeigt die Vielfalt der Sanktionsmaßnahmen, welche die EU gegen Russland aktuell in Kraft gesetzt hat.
Die derzeit geltenden Sanktionsmaßnahmen gegen Russland können in folgende vier Kategorien unterteilt werden:
- Personenbezogene Finanzsanktionen (Bereitstellungsverbote)
- Kapitalmarktbeschränkungen
- Güterbezogenene Restriktionen (Verbote, Genehmigungspflichten),
- Handelsbeschränkungen für die Regionen Krim, Donezk, Luhansk
Personenbezogene Finanzsanktionen (Bereitstellungsverbote)
Diese Art von Sanktionen richtet sich gegen bestimmte Personen, Unternehmen und Organisationen und bedeutet, dass gegen den gelisteten Namen umfassende Bereitstellungverbote bestehen. Diese Namenslistungen werden auf der CFSP-Liste, der offiziellen Datenbank der EU, aus allen entsprechenden Finanzsanktionsverordnungen konsolidiert.
Im Hinblick auf das Russland-Embargo wurden die Finanzsanktionen in Art. 2 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 angeordnet. Dabei sind die Personen oder Entitäten, die diese Maßnahmen betreffen, in Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014 aufgeführt.
Die CFSP-Liste steht allen Compliance Screening Anwendern als Teil des Basis-Sanktionslistenpakets zur Verfügung. Sobald die veröffentlichenden Behörden die elektronische Version zur Verfügung stellen, werden die Sanktionslisten in Compliance Screening mit einem nächtlichen Batch aktualisiert.
Damit Sie Ihre Geschäftspartner gegen den sanktionierten Namen aus der CFSP-Liste mit Hilfe von Compliance Screening prüfen können, nehmen Sie diese im verwendeten Prüfprofil auf.
- Bitte beachten Sie, dass die Finanzsanktionen auch das mittelbare (indirekte) Bereitstellungsverbot vorsehen. Wenn eine nicht gelistete Personen, Unternehmen oder Organisation zu mindestens 50 % im Eigentum einer gelisteten Person steht (unmittelbares Bereitstellungsverbot), dann gilt das Bereitstellungsverbot auch mittelbar für diese nicht gelistete Person oder Entität. Für eine automatisierte Unterstützung bei der Überprüfung der Mehrheitsbeteiligungen in Compliance Screening bietet AEB den kostenpflichtigen Content SCO (Sanctions Control and Ownership) von Dow Jones an.
Kapitalmarktbeschränkungen
Die Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt werden im Einzelnen in Art. 5ff der Verordnung (EU) 833/2014 angeordnet. Diese Sanktionen gelten grundsätzlich in Verbindung mit russischen Unternehmen, Mischkonzernen oder Banken, die in Anhängen III, V, VI, XII oder XIII genannt sind. Diese Sanktionen betreffen die bestimmten Kapital-, Investitions- sowie Wertpapiergeschäfte mit den sanktionierten Entitäten oder russischen Finanzbehörden.
Wenn diese Restriktionen für Ihr Unternehmen aufgrund der Geschäftstätigkeiten relevant sind, können Sie diese mit der Sanktionsliste EUCM „EU - Restrictions on access to the capital market“ in Compliance Screening prüfen. Diese Liste steht als eine der AEB-Standardlisten allen Anwendern zur Verfügung und kann bei Bedarf im verwendeten Prüfprofil aufgenommen werden.
- Generell gilt, wenn Sanktionen (sowohl die Finanzsanktionen als auch die Kapitalmarktbeschränkungen oder auch Beschränkungen im Handel mit Dual-Use-Gütern) sich auf die bestimmten Personen oder Entitäten richten, können diese mit Hilfe von Compliance Screening und den entsprechenden Sanktionslisten automatisiert oder in manuellen Einzelprüfungen geprüft werden.
Güterbezogene Sanktionen
Die Verordnung (EU) 833/2014 sieht verschiedene güterbezogene Sanktionen vor. In den Anhängen zu dieser Embargo-Verordnung befinden sich mehrere Listen, die sowohl Unternehmen aufführt, denen Handel mit Dual- Use oder „Advanced Technology“-Gütern verboten ist, als auch die diversen Listen mit Gütern, deren Exporte nach Russland verboten sind.
Die Beschränkungen von Warenlieferungen sind außerdem in den Embargoverordnungen (EU) 692/2014 (betrifft Krim) und (EU). 2022/263 (betrifft Donezk, Luhansk) angeordnet. Die Besonderheiten sind im nächsten Kapitel “Handelsbeschränkungen im Bezug zu Krim, Donezk, Luhansk” beschrieben.
- Güterbeschränkungen bezüglich bestimmter russischer Entitäten
Einerseits basierend auf der Verordnung (EU) 833/2014 besteht das Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern an die im Anhang IV aufgeführten Entitäten.
Ist ihr Unternehmen von dem Verbot betroffen und Sie möchten prüfen, ob Ihr Geschäftspartner einer dieser Organisationen ist, müssen Sie die Sanktionsliste EUDU „Restrictions for dual-use goods intended for listed organizations“ im Prüfprofil von Compliance Screening aufnehmen.
Anderseits gelten die meisten Güterbeschränkungen unabhängig von dem konkreten Empfänger in Russland. Unter Berücksichtigung der Geschäftstätigkeit oder des Produktportfolios Ihres Unternehmens werden neben Compliance Screening möglicherweise auch die anderen Teile der Trade Compliance Software, wie Export Controls, License Management oder Risk Assessment für die Umsetzung des Russland-Embargos benötigt. - Güterbeschränkungen unabhängig vom Empfänger
Durch die Verordnung (EU) 833/2014 ist die Ausfuhr, der Verkauf und die Verbringung oder Lieferung aller Dual-Use-Güter und Technologien des Anhangs I der EU-Dual-Use-VO nach Russland oder zur Verwendung in Russland ist grundsätzlich unabhängig vom Empfänger bzw. Endverwender verboten (Art. 2). Das gleiche Verbot gilt auch für die Güter aus dem Anhang VII der Embargo-Verordnung (EU) 833/2014, die s. g. “Advanced-Technology-Güter” enthält, der sich mit den technischen Charakteristiken an die Dual-Use-Güter anlehnt. Die Verordnung (EU) 833/2014 enthält noch weitere Güterlisten, die diversen Restriktionen in Verbindung mit Russland unterliegen. Verboten ist zudem die Durchfuhr durch das Hoheitsgebiet Russlands von Gütern und Technologien der Anhänge XI geeignet für die Verwendung in der Luft- oder Raumfahrtindustrie und von in Anhang XX genannten Flugturbinenkraftstoffen und Kraftstoffadditiven der Embargo-Verordnung (EU) 833/2014.
- Bitte beachten Sie, dass Compliance Screening nicht vorgesehen ist für Prüfungen von Export- oder Importbeschränkungen, die unabhängig von dem konkreten Geschäftspartner (Empfänger) gelten und sich auf die bestimmten Güter beziehen. Solche güterbezogenen Embargoregeln können Sie mit Hilfe von Export Controls abbilden und prüfen.
Wenn Sie diese güterbezogenen Restriktionen mit Hilfe von AEB Export Controls granular für Ihr Unternehmen umsetzen möchten, dann beachten Sie, ob diese Importe aus Russland oder Exporte nach Russland betreffen. Beispielsweise die Güterbeschränkungen für die Eisen- oder Stahlerzeugnisse aus dem Anhang XVII der Verordnung EU 833/2014 unterliegen einem Einfuhrverbot (Importverbot). Im Gegensatz dazu umfassen die Restriktionen bezüglich der Güter für die Ölraffinerie (Anhang X) oder Gütern im Zusammenhang mit der Luft- und Raumfahrt (Anhang XI) sowie Beschränkungen für Güter der Seeschifffahrt Exportverbote. Ebenfalls ist das Luxusgüterembargo (Anhang XVIII) ein Exportverbot.
Für die Umsetzung der güterbezogenen Embargos ist in Export Controls zunächst die Erweiterung der Stammdaten erforderlich (Stammdaten, die Sie für die Exportkontrolle pflegen). Das betrifft vor allem die für Ihr Unternehmen relevanten Gütermerkmale und die Güterlisten.
- Die EU-Dual-Use-Güterliste, die deutsche Ausfuhrliste sowie die US Commerce Control List sind die Standardstammdaten, die seitens AEB stets aktuell gehalten werden. Sie können diese Gütermerkmale und Güterlisten verwenden, um die für Ihr Unternehmen relevanten Restriktionen mit Hilfe von manuellen Beschränkungen abzubilden.
In dem Artikel Für manuelle Beschränkungen erforderliche Stammdaten pflegen finden Sie die notwendigen Schritte, um die Embargoregeln als manuelle Beschränkungen zu konfigurieren.
Handelsbeschränkungen im Bezug zur Krim, zu Donezk und Luhansk
Ein weiterer Teil der EU-Sanktionen wurde mit der Verordnung (EU) 692/2014 (betrifft Krim) und der Verordnung (EU) 2022/263 (betrifft Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja) eingeführt. Sie beinhalten das Einfuhr- und Ausfuhrverbot für sämtliche Waren aus diesen von der ukrainischen Regierung nicht kontrollierten Gebieten.
- Sofern Sie hiervon betroffen sind, müssen Sie aktiv werden, um diese Restriktionen in den AEB-Anwendungen abzubilden. In Export Controls und Compliance Screening nutzen Sie dazu die Funktionalitäten zur Definition von „Gebieten“.
Da die Ukraine insgesamt kein Embargoland ist und nur die Warenlieferungen aus oder in einzelne Regionen sanktioniert sind, können Sie dank dieser Funktion ein Embargo speziell für diese Gebiete definieren. Nutzen Sie dafür eine Kombination von Postleitzahlen und/oder Orten und fügen diese dem Prüfprofil hinzu. Das Gebiet kann wahlweise in Compliance Screening (als eine Art Verbotsliste) oder in Export Controls (als manuelle Beschränkung) hinterlegt werden.
Die sanktionierten Regionen befinden sich teilweise in den Grenzen der gleichnamigen Regionen der Ukraine (Region Cherson, Region Donezk, Region Lugansk und Region Saporischschja oder Krim). Die Postleitzahlen in der Ukraine sind 5-stellig und für jede Region eindeutig.
- Die Cherson-Region hat die Postleitzahlbereiche 73000-75999
- Die Donezk-Region hat die Postleitzahlbereiche 83000-87999
- Die Luhansk-Region hat die Postleitzahlbereiche 91000-94999
- Die Saporischschja-Region hat die Postleitzahlbereiche 69000-72999
- Die Krim-Region hat die Postleitzahlbereiche 95000-99999
bzw. 6-stellig für die Russische Post 295000-299999
Zu den Anleitungen
Compliance Screening: Prüfung gegen von Ihnen definierte Embargogebiete
Export Controls: Gebiete definieren und manuelle Beschränkungen einrichten
Sanktionen anderer Länder
Andere Staaten haben ähnliche nationale Sanktionsmaßnahmen, wie z. B. personenbezogene Finanzsanktionen oder Beschränkungen im Handel mit bestimmten Gütern, gegen Russland oder den Regionen Krim, Luhansk oder Donezk angeordnet. Weitere Details finden Sie auf Webseiten der nationalen Behörden.
Vereinigte Staaten
Vereinigtes Königreich
Schweiz
Kommentare
Der Artikel "Aktuelle Entwicklungen im Russland-Ukraine-Konflikt" ist mit dem aktuellen Stand vom 2. März 2022 versehen worden.
Der Artikel zu den aktuellen Entwicklungen des Russland-Embargos wurde Ende April 2022 umfassend überarbeitet, so dass Sie Zugriff auf aktuelle Verordnungstexte erhalten. Verlinkt finden Sie außerdem ausführliche Anleitungen zur Umsetzung in Trade Compliance Management.
Prüfen Sie nach Inkrafttreten des sechsten Sanktionspakets der Europäischen Union am 4. Juni 2022, ob weitere Anpassungen in Trade Compliance Management für Ihre Geschäftstätigkeit notwendig werden. Alle aktuellen Verlinkungen, z. B. zum Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), dem Rat der EU oder zu den konsolidierten Verordnungen sind im Artikel enthalten.
Nach dem Inkrafttreten des siebten Sanktionspaketes der Europäischen Union am 21. Juli 2022 sollten Sie prüfen, ob in Trade Compliance Management weitere Anpassungen notwendig sind. In der Community hat AEB Produktexpertin Olga Pramberger die wichtigsten Eckpunkte dazu zusammengefasst: Unter der Lupe: Das siebte Sanktionspaket gegen Russland.
Prüfen Sie, ob nach dem Inkrafttreten des achten Sanktionspaketes der Europäischen Union am 7. Oktober 2022 in Ihrer Trade Compliance Management Anwendung weitere Anpassungen notwendig sind. In der Community wurden die wichtigsten Änderungen zusammengefasst in dem Artikel: Ukraine: EU beschließt achtes Sanktionspaket gegen Russland
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